5. August 2022: Resonanz und Empathie im Yoga

Yoga-Praktizierende sind nicht an sich bessere Menschen; auch Yoga-LehrerInnen nicht. Die Polaritäten des Lebens, Licht- und Schattenseiten finden wir überall und bei jedem Menschen. Yoga ist auch kein Allheilmittel. Und dennoch wirkt Yoga über den individuell gesundheitlichen Nutzen und hinaus. Wie kann Yoga einen Beitrag zur Gesellschaft und deren aktuellen Herausforderungen leisten?

Der Begriff Resonanz stammt aus der Physik und wird gesellschaftlich aktuell vom Soziologen Hartmund Rosa und seinem Buch „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“ stark geprägt. Dort geht es um Beziehungen von Subjekt und Welt im Sinne des „guten Lebens“. Ein Gefühl von Verbundenheit, Gleichklang, Leichtigkeit, Flow wären weitere Begrifflichkeiten für Resonanz. Sie ist zuerst mit sich selbst zu entwickeln – z.B. mit regelmäßiger Yoga-Praxis.

Empathie oder Mitgefühl beinhaltet Seins-Qualitäten und Aktivitäten. Empathische Menschen können gut zuhören, vermitteln das Gefühl von Verstanden-werden und sind wohlwollend gewährend in ihren Aussagen. Sie sind beliebte Gegenüber für Gespräche in persönlichen Krisen. Yoga-Lehrerende brauchen Empathie, weil Menschen auf der Matte Erfahrungen machen, die meist über körperliche hinausgehen, tief bewegen können und manchmal geteilt werden wollen.

Resonanz und Empathie bedeuten immer die Fähigkeit, die Perspektive vom Ich zum Du wechseln zu können. Und das basiert nicht nur auf Spiegelneuronen-Effekten sondern ist laut Arno Gruen eine aktive Gabe des Menschen, die trainierbar ist. Unserer Zeit ist geprägt von Beschleunigung, Konkurrenz und emotionaler Kälte; daher ist es besonders wichtig, Trainingsräume zu schaffen, wo Verbindung mit sich selbst und das soziale Miteinander gefördert werden.

Yoga-Stunden sind für die meisten Menschen wie Oasen für Körper und Geist. Ein Aussteigen aus den Alltagsstrudeln ermöglicht Yoga-Praktizierenden in Resonanz mit ihrem Körper und Ihren Gefühlen zu kommen und in der Gruppe Frieden und Verbundenheit zu erleben. Die Wirkung wird auch als auch als ein „zu sich nach Hause kommen“ und „sein Instrument Körper wieder stimmen, um in der Sinfonie des Lebens gut mitspielen zu können“ beschrieben. Oft bin ich als Yoga-Lehrerin am Ende einer Einheit, wenn die Gruppe in Savasana vor mir liegt, tief berührt von der Ruhe und dem Feld das sich fast heilig, jedenfalls sehr heilsam anspürt. Yoga-Praktizierende erwähnen auch in Feedbacks das Gefühl, dass sie im Yoga-Studio besser zu sich kommen, als bei einer Praxis zu Hause. Die Gruppe trägt und der Gleichklang wirkt wohltuend – bei aller Unterschiedlichkeit der Personen.

Quellen:
Gruen, Arno: Empathie und Schmerz. YouTube-Gespräch
Gruen, Arno: Der Verlust des Mitgefühls. Über die Politik der Gleichgültigkeit
Rosa, Hartmut: Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung

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